Jeder Fotograf kennt viele der so genannten Regeln. Sind die Regeln verbindlich? Macht es Sinn Regeln zu brechen?
Buchtipp:
Taschenbuch von Andreas Feininger, Heyne Verlag
Kompositionskurs der Fotografie
Eines der besten Bücher überhaupt, leider nur noch gebraucht und antiquarisch verfügbar

Viele Regeln basieren auf unserer Wahrnehmung – und die folgt tatsächlich einigen Gesetzmäßigkeiten, den Gestaltgesetzen. Dazu habe ich schon einen kleinen Artikel geschrieben.
Andere hängen von unserer Kultur ab. Im Abendland schreiben wir von links nach rechts. Deshalb laufen normalerweise z.B Läufer auf Bildern von links nach rechtsl. Unsere Koordinatensysteme starten links und gehen nach rechts ins Unendliche. Rechts bedeutet damit Zukunft, Ziel, Unendlichkeit,… Bei Kulturen, die von rechts nach links schreiben ist das genau umgekehrt. Ein weiteres Beispiel: Die Farbe Rot ist in unserem Kulturkreis eine Warnfarbe und bedeutet: Achtung, Feuer, Gefahr. Trauer und Tod assoziieren wir mit der Farbe Schwarz. Im asiatischen Kulturkreis steht das Rot für Glück und hat keinerlei warnende Wirkung. Die Farbe des Todes ist dagegen weiß.
Ich ordne die Regeln in drei Gruppen ein:
- Eiserne Regeln, die du unbedingt einhalten solltest.
- Weiche Regeln, die meistens Sinn machen, aber eben nicht immer. Der Bruch einer solchen Regeln hat eine Wirkung, die manchmal gewollt ist.
- Pseudo Regeln, die eigentlich keine sind. Hier finden sich viele Leitsätze, die bei der Gestaltung eines Bildes helfen können.
Aber: wenn du eine Regel bewusst brechen möchtest, dann deutlich. Z.B. Ausrichtung des Horizionts: Entweder gerade oder richtig schief.
Wer eine Regel brechen will, muss erst die Einhaltung der Regel beherrschen.
Regeln aus Unwissenheit zu brechen, ist unverzeihlich – zumindest wenn du ersthaft fotografieren höchtest.
- Harte Regeln
- Weiche Regeln
- Fotografiere in RAW – in Arbeit
- Platz in Bewegung- oder Blickrichtung lassen
- Kein hartes Licht für Portraits – in Arbeit
- Auf Augenhöhe fotografieren – in Arbeit
- Nutze nur als Bildformat 2:3 – in Arbeit
- Schwarz-weiß macht ein Bild interessant
- Nutze komplimentäre Kontraste – in Arbeit
- Motiv raus aus der Mitte
- Pseudo Regeln
Harte Regeln
Keine Gelenke anschneiden
Negativbeispiel
Angeschnittene Gelenke bei Lebewesen wirken wie amputiert.

Positivbeispiel
Gelenke nicht anschneiden oder deutlich darüber oder darunter anschneiden.

Kopf freistellen
Negativbeispiel
Ein ärgerlicher Fehler auf vielen Bildern mit Lebewesen: Zweige „wachsen“ aus dem Kopf, Linien „durchschneiden“ den Kopf.
Hier schlägt ein Gestaltgesetz zu: Das Gesetzt der durchgehenden Linie (siehe hier). Das Gehirn setzt solche Linien durch den Kopf fort und zerteilt das Gesicht.
Das irritiert und lenkt vom Model ab.

Positivbeispiel
Gerade im Kopfbereich sollte der Hintergrund ruhig sein und nicht vom Gesicht ablenken.

Nicht „tot blitzen“
Beim „tot Blitzen“ wird das Motiv – meist das Gesicht einer Person – so stark und direkt angeblitzt, dass:
- Die Haut unnatürlich hell oder blass wirkt (fast „weißgewaschen“),
- Keine oder kaum Schatten mehr vorhanden sind, um das Gesicht zu modellieren
- Details in der Hautstruktur verloren gehen (z. B. wirkt die Haut „flach“ oder plastisch tot)
- Reflexionen und Glanzstellen entstehen (z. B. fettige Stirn oder glänzende Nase)
Hier ein mit einer KI erzeugtes Beispiel eines Portraits:

Häufigste Ursachen
- Ein integrierter Blitz der Kamera
- Ein Blitz, der auf der Kamera montiert ist und direkt das Objekt ausleuchtet.
Abhilfe
Prio 1: „entfesselt blitzen“, d. h. der Blitz ist von der Kamera abgesetzt und beleuchtet das Motiv leicht seitlich.
Prio 2: Einen Blitz auf der Kamera indirekt das Objekt beleuchten lassen, z. B. über die Decke oder Wand. Beachte: Einfallswinkel des Lichtes auf die Decke/Wand = Ausfallswinkel des reflektierten Lichts auf das Objekt. Decke/Wand sollten eine möglichst neutrale Farbe haben, damit das reflektierte Licht neutral bleibt.
Schärfe immer auf die Augen
Wir sind „Augentiere“. Der Augenkontakt ist von zentraler Bedeutung, gerade, wenn wir Menschen kennen lernen. Deshalb sind gerade bei Portraits – egal ob Mensch oder Tier – die Augen das Element im Bild, das unbedingt scharf sein muss. Tatsächlich geht es um die Iris, denn gerade bei Gläsern mit extremer Lichtstärke ist sehr schwierig die den richtigen Teil der Augen scharf zu bekommen.


Fotografiert mit Brennweite 50 mm und Blende 1.8 an einer Vollformatkamera. Die Schärfe habe ich auf Alinas linkes Auge gelegt. Das Bild auf der Rechten Seite ist ein Ausschnitt aus dem linken Bild.
Der Bereich der Schärfe ist sehr klein. Und so ist das rechte Auge von Alina bereits schon wieder etwas unscharf. Da das linke Auge durch Neigung des Gesichtes aber etwas mehr im Vordergrund liegt, war das für mich passend. Ein anderer Fotograf hätte vielleicht darauf geachtet, dass beide Augen scharf sind. Beide Lösungen sind für mich legitim. Hauptsache scharfe(s) Auge(n).
Wenn du tiefer in das Thema einsteigen willst, empfehle ich dir meinen Artikel: Schärfe oder Unschärfe – das ist hier die Frage
Achte auf die Ränder – in Arbeit
…in Arbeit…
Richte den Horizont gerade
Eine eiserne Regel für 95 % der Fälle. Wenn du unbedingt für einen Bildwirkung einen schiefen Horizont benötigst, dann aber richtig schief und nicht nur ein bisschen.

Kein Bild ohne Nachbearbeitung
Bearbeite deine Bilder nach, um das Beste aus ihnen herauszuholen. Dies kann das Anpassen von Helligkeit, Kontrast, Farben und das Entfernen von unerwünschten Elementen umfassen. Nachbearbeitung kann die Bildqualität verbessern und kreative Effekte hinzufügen, um das Bild zu perfektionieren.
„Direkt aus der Kamera“, „Out of Cam“, „OoC“, „Ohne Nachbearbeitung“ – das sind Statements, die ich oft bei Bilder lese. Warum das völliger Unsinn ist, kannst du hier nachlesen: Out of Cam – ein Mythos
Weiche Regeln
Fotografiere in RAW – in Arbeit
…in Arbeit…
Später mehr…

Platz in Bewegung- oder Blickrichtung lassen
Grundsätzlich ist an der Regel nichts auszusetzen. Platz für Bewegungen und für den Blick ist meist eine gute Idee und unterstreicht die Dynamik.

Wenn du die Platzverhältnisse umkehrst, kannst das Gefühl von „ankommen“ oder „am Ziel ankommen“ wecken.
Voraussetzung dafür ist, dass sich dein Motiv ganz deutlich am rechten Bildrand befindet.

Das gleiche Bild nur mit unterschiedlichem Ausschnitt: einmal Windhund kurz nach den Start und einmal Windhund kurz vor dem Ziel.
Die „Windhund startet“ Version im Standard 2:3-Format. Windhund im unteren Bildbereich. Sauber abgegrenzter Hintergrund.
Ein guter Bildaufbau. Ich bevorzuge Auber das obere Bild weil:
- Konzentration auf den Windhund
- Mehr Dynamik durch ein extremes Querformat

Negativbeispiel
Auch weiche Regeln haben unter bestimmten Voraussetzungen NoGos. Ein hoch dynamisches Motiv in die Bildmitte zu setzen ist schlicht und einfach stümperhaft.

Kein hartes Licht für Portraits – in Arbeit
…in Arbeit…
Auf Augenhöhe fotografieren – in Arbeit
…in Arbeit…
Nutze nur als Bildformat 2:3 – in Arbeit
…in Arbeit…
Schwarz-weiß macht ein Bild interessant
Hier gilt ein klares: es kommt drauf an. Ob du in Schwarz-Weiß fotografieren oder nicht, hängt letztendlich von der gewünschten Wirkung und deinem persönlichen Stil ab. Viele schwarz-weiß Bilder, die ich so im Netz sehe sind schlicht und einfach eine Themaverfehlung, weil die Reduktion der Farben oft einen großen Teil der Bildwirkung zerstört.
Schwarz-weiß richtig und gezielt eingesetzt, bietet tolle Möglichkeiten für eine emotionale und klare Bildsprache.

Hier habe ich meine Erfahrungen und Empfehlungen zusammengeschrieben: Mythos schwarz-weiß
Nutze komplimentäre Kontraste – in Arbeit
…in Arbeit…
Motiv raus aus der Mitte
Hier gibt es viele „Regeln“, die eher als Hilfe für eine Komposition zu verstehen sind. Ein Beispiel ist dieKomposition über die Drittelregel.
Drittelregel
Teile das Bild in neun gleiche Teile (3×3 Raster) und platziere wichtige Elemente entlang der Linien oder an den Schnittpunkten, um eine ausgewogene Komposition zu schaffen. Viele Kameras und Smartphones können ein Raster einblenden, das dir hilft, die Drittelregel anzuwenden.
Das schafft eine harmonische und ausgewogene Komposition, die das Auge des Betrachters führt.

Das Auge der jungen Frau ist im Schnittpunkt zweier Linien platziert. Ihr Blick geht in die untere linke Ecke, was die Raumdiagonale betont und dem Bild etwas Tiefe gibt.
Außerdem bekommt die Lady so in Blickrichtung viel Platz.
Breche die Regel, wenn du eine starke zentrale Komposition möchtest, z.B. bei Porträts oder symmetrischen Szenen oder um Stabilität und Statik auszudrücken.
Goldener Schnitt, Diagonalen und Co.
Dazu habe ich einen eigenen Beitrag verfasst: Komponieren
Pseudo Regeln
Der Horizont darf nicht in die Mitte
Die Lage des Horizonts im Bild trägt wesentlich zu dessen Spannung bei. Im wesentlichen unterscheiden wir 3 Fälle:
- Mittiger Horizont
- Hoher Horizont in der oberen Bildhälfte
- Tiefer Horizont in der unteres Bildhälfte
Grundsätzlich: entweder den Horizont sauber in die Mitte, oder ganz deutlich aus der Mitte herausnehmen – keine halben Sachen. Ein tiefer oder hoher Horizont bringt Dynamik und Dramatik in ein Bild, ein mittiger Horizont bring Ruhe und Stabilität. Es kommt also darauf an, was Sie mit Ihrem Bild ausdrücken möchten.



Hier gibts Infos zur Abhängigkeit von Aufnahmeposition und Horizont: Horizont und Aufnahmeposition
Aber wo auch immer du den Horizont hinlegst – gerade muss er sein.
Vordergrund macht Bild gesund
Ein Vordergrund – wie hier der Kies – bereichert Bilder um eine weitere Ebene und verstärkt die räumliche Tiefenwirkung. Mit einer geschickt gewählten Vordergrund kannst du dein Bild abschließen und den Blick des Betrachters ins Bild lenken.

Gerade in der Landschaftsfotografie kannst du mit einem Vordergrund Landschaftsbilder interessanter gestalten.
Wahrscheinlich hast du nicht oft die Möglichkeit, einen Vordergrund ins Bild einzubauen. Aber wenn, dann mache es.
Klare Linienführung – in Arbeit
…in Arbeit…
Suche Symmetrie – in Arbeit
…in Arbeit…
Verwende symmetrische Kompositionen und wiederkehrende Muster, um visuelles Interesse und Harmonie im Bild zu erzeugen.
Symmetrie und Muster schaffen visuelle Harmonie und können das Bild ästhetisch ansprechend machen.
Breche die Regel, wenn du eine asymmetrische Komposition bevorzugst, um Spannung und Dynamik im Bild zu erzeugen.
Du musst im manuellen Modus fotografieren
Blödsinn!
Für den Einstieg nehmen Sie einfach die Programmautomatik (“Auto” oder „P“) – damit erreichen Sie immer passable Ergebnisse. Das Standard-Programm für alle Fälle. Konzentrieren Sie sich erst auf die wesentlichen Dinge wie die Bildgestaltung und lassen Sie die Kamera die restliche Arbeit machen – wozu haben Sie denn das Teil.
Wenn ein Superschlauer davon berichtet, wie toll er den manuellen Modus findet, lassen Sie Ihn reden. Wenn er nicht wirklich ein Profi ist, will er nur angeben und hat keine Ahnung. Sie werden es selbst merken, wenn Sie bereit sind, mehr Kontrolle selbst zu übernehmen. Und dann – aber erst dann – spielen Sie mit den anderen Modi herum.

Auch dazu gibt es einen kleinen Artikel: Belichtungsprogramme

Hinterlasse einen Kommentar