Standard Objektive oder: Darfs ein Gläschen mehr sein?
Gehen Sie doch mal in ein Foto-Geschäft und fragen Sie nach den neuesten Gläser. Sie werden einen aufgeschlossenen, respektvollen Verkäufer erleben, der in Ihnen eine Fachmann sieht. Denn die Profis sprechen nicht von Objektiven, sondern von Gläsern. Die Gläser sind Ihr wichtigster Ausrüstungsgegenstand.
Der Body sorgt für Komfort, die Gläser für eine gute Abbildungsleistung.
Bei mir ist jeder Glas wie ein Partner: die Chemie muss stimmen. Ein neues Glas ist immer eine heikle Sache – bei mir zumindest. Ich probiere viel aus, sehe mir das Ergebnis an und wie ich mit dem guten Stück zurecht komme. Dann entscheide ich. Mir ist z. B. die Bildschärfe in der Bildmitte sehr wichtig und vor Allem, wie sich das Glas in meiner Hand anfühlt. Manche Gläser machen mir einfach Spaß.
Mein 25 mm Distagon von Zeiss ist komplett aus Metall. Es ist ein manuelles Objektiv. Der Fokusring hat einen großen Drehwinkel und läuft seidenweich und hoch präzise. Und die Abbildungsleistung ist bis in die Bildecken wirklich sensationell. Jedesmal, wenn ich es in die Hand nehme, bin ich ein bisschen aufgeregt und neugierig, was uns vor die Linse kommt. Und ja – es ist kein Schnäppchen; aber ein Glas, das mich bis zu meinem Lebensende begleiten wird.
Grob gesagt gibt es drei verschiedenen Arten von Gläsern:
Weitwinkel = Möglichst viel aufs Bild, aber alles ist ziemlich klein.
oder was viele nicht wissen:
Weitwinkel = ein Detail ganz groß und der Rest sehr klein
Standard Weitwinkel
Brennweite: kleiner als 50 mm (Vollformat) oder 35 mm (APS-C), so richtig knuffig sind Brennweiten so um die 25 mm (Vollformat) oder 16 mm (APS-C).
Nikon NIKKOR Z 28 mm F2.8Voigtländer Ultron 40mm F2Meyer Görlitz Lydith 30 mm F3.5 M42-Anschluss
Mit einem Weitwinkel bringen Sie ganz viel Inhalt in ein Bild. Aber das ist nicht immer gewünscht. Zu viel Inhalt ist oft zu viel des Guten und ein Motiv geht unter. Aber ein Weitwinkel ist toll, um ein Motiv viel größer als den Hintergrund erscheinen zu lassen.
Weitwinkel sind auch in der Architekturfotografie toll. Aber mit viel Vorsicht zu genießen – Stichwort „Stürzende Linien“. Bewusst eingesetzt, aber sehr reizvoll, um z.B. den Eindruck von Höhe zu vermitteln.
Beim Fotografieren von Lebewesen müssen Sie auch vorsichtig sein, da ein Weitwinkel die Proportionen erheblich verzerren kann. Z. B. kleines Gesicht mit monströser Nase. Bewusst eingesetzt, kann das aber auch ganz witzig sein 😉
Ultraweitwinkel (UWW) = ganz viel Weitwinkel.
Diese Objektive fangen da an, wo normale Weitwinkel- oder Zoomobjektive aufhören. Der Übergang ist nicht genau definiert. Für mich beginnen die UWWs bei etwas 24 mm (Vollformat) und gehen bis etwa 10-12 mm. Die Verzerrung kann hier schon recht heftig sein.
Hier die beiden Hauptanwendungsfälle für ein UWW: Ein Detail hervorheben – es wird viel größer als der Rest. Oder einen Überblick geben – wobei auch hier der Steg im Verhältnis zur Landschaft viel größer dargestellt wird.
Ultraweitwinkel: Zahnrad in der Schleif, fotografiert mit Nikon NIKKOR Z 12-24mm F2.8Weitwinkelaufnahme, fotografiert mit Nikon NIKKOR Z 12-24mm F2.8
Fischauge = Alles drauf
Das sind Gläser die in ein 180 ° (und auch noch drüber hinaus) Blickfeld abbilden. Die Frontlinse wölbt sich richtig aus dem Glas heraus. Der Name kommt davon, weil Fische so sehen. Die Linien werden kreisförmig. Im Extremfall Schrumpft das Bild zu einem Kreis zusammen. Die Brennweite (Vollformat) beträgt etwa 8 mm.
Normal = normal eben, was denn sonst! Tante Frieda, Onkel Alfons und Ihre Frau auf einem Bild.
Brennweite: um die 50 mm (Vollformat) oder 35 mm (APS-C)
Das Normalobjektiv und damit die Brennweite 50 mm heißt deshalb so, weil es am ehensten die Welt so abbildet, wie wir Sie mit unseren Augen sehen. Die Normalobjektive sind tolle Allrounder und sollten in keiner Fototasche fehlen. Noch dazu sind die auch in einer hohen Lichtstärke relativ günstig. Mein 58 mm Viogtländer Cremtörtchen ist so ein Normalobjektiv.
Voigtländer Norton 58 mm F1.4Helios 44-2 58 mm F2.0 M42-AnschlussNikon NIKKOR Z 50 mm f 1.8
Teleobjektiv
Tele = ein Detail im Bild herausheben, z.B. eine Portraitaufnahme Ihrer Freundin
Die Brennweite ist deutlich größer als 50 mm.
Mittlere Tele
Rechts meine beiden mittleren Tele mit 85 mm und 135 mm. Beide sind extrem lichtstark. Und ich nutze die gerne für Portraits.
So richtig interessant werden die Teles so ab 180 mm. Leider aber auch so richtig teuer, wenn ein Tele leistungsfähig sein soll. Ein Supertele, wie es die Sportfotografen benutzen, hat 300 mm und mehr und kostet 10.000,- EUR oder mehr.
Je gößer (=länger) die Brenweite, desto Tele
Supertele
Hier mal ein Vergleich:
Oben: mein Super-Telezoom mit mittlerer Lichtstärke F 5.6; ausgefahren auf 500 mm mit Sonnenblende
Unten: mein Nikon 28 mm Weitwinkel
Teleaufnahme Mond fotografiert mit 500 mmTeleaufnahme Vogelkopf fotografiert mit 500 mm
Das Tele-Dilemma
Und da fängt schon das Schlamassel an:
Je Tele, desto wackel. Teleobjektive sind unheimlich anfällig fürs Verwackeln!
Die Belichtungszeit muss also ziemlich flott werden, länger als 1/200 s macht bei einem mittleren Tele wenig Sinn. Hmm…. zu sich bewegenden Motiven passt das ja ganz gut – also wo liegt das Problem?
Wenn die Belichtungszeit kurz ist, wird das Bild zu dunkel, weil nur ganz kurz Licht auf den Sensor fällt. Die Kamera versucht das auszugleichen und hat einige Tricks parat:
Die Empfindlichkeit des Sensors zu erhöhen – ätzend, das Bild wird grobkörnig, wenn möglich schalten Sie das ab.
Blendenöffnung weiter auf (=Blendenzahl reduzieren), ist ganz nützlich, da damit die Schärfe auf einen kleinen Bereich reduziert wird.
Aber hier liegt der Hase im Pfeffer. Wenns draußen hell ist, ist alles geritzt, dann reicht oft eine Blende von F5,6 oder F8. Nur wenns es mal ein bisschen trübe ist oder im Innenraum, dann war es das, denn die Lichtstärke bei bezahlbaren Teles ist gering. Es sei denn, Sie haben ein Objektiv, das so hochwertig ist, dass es mehr Licht durchlässt. Und genau diese Eigenschaft macht das Teil teuer und schwer – denn das geht nur mit einem wesentlich größeren Durchmesser aller Linsen im Objektiv.
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