Haustiere fotografieren

Ich habe ein paar Grundlagen und Tipps zusammengefasst, damit du tolle Bilder von deinem Hund machen kannst. Grundsätzlich ist das Vorgehen zwischen statischen Bildern (Hund bewegt sich kaum, z. B. Portrait) und „Hund in Bewegung“ unterschiedlich. Deshalb habe ich auch zwei Rezepte für dich. Natürlich kannst Du die Rezepte auch auf andere Tiere übertragen. Katzen, Meerschweinchen usw..

Ich gehe davon aus, dass du eine Kamera mit Wechselobjektiven oder eine Bridgekamera hast. Mit deinem Smartphone kannst du aber auch die meisten Tipps umsetzen.

  1. Portraits von deinem Tier
    1. Technik
    2. Beleuchtung
    3. Gestaltung
      1. Bildausschnitt
      2. Extremitäten am Bildrand
      3. Kameralinse auf Augenhöhe
      4. Blickrichtung
      5. Hintergrund
    4. Hundesitter
  2. Dein Hund in Bewegung
    1. Technik
    2. Gestaltung
      1. Aufnahmeposition
  3. Spezielle Situationen
    1. Quasi Studio
    2. Spezielle Lichtsituationen
  4. Nachbearbeiten
    1. Entwickeln
    2. Retusche
    3. Beispiel
      1. Entwicklung
      2. Retusche

Portraits von deinem Tier

Unser Ziel: Wir wollen ein ausdrucksstarkes Portrait von deiner Fellnase, mit klaren und scharfen Augen – übrigens das Einzige beim Foto, was wirklich scharf sein muss. Der Hintergrund soll unscharf werden.

Bilddaten: Nikon Z7 + Voigtländer NOKTON 58mm F 1.4; 1/50s, F1.4, ISO 400, 58mm - warum? Das NOKTON ist ein rechtes Cremetörtchen, weil es bei Offenbarende einen absolut cremigen Hintergrund zaubert. Das Portrait entstand im Innenraum. Ich musste einen Kompromiss zwischen niedriger ISO und ausreichend kurzer Belichtungszeit finden. 1/50 war in der Situation ausreichend. Daraus ergab sich dann ISO 400  Der Rest ergab sich aus der vorherrschenden Lichtsituation.
Hier siehst du sehr schön, wie gering der Schärfentiefebereich bei Blende 1.4 sein kann. Nur das Auge ist scharf, Nase und Ohren sind bereits unscharf.

Technik

Das Objektiv: Ein klassisches Portraitobjektiv mit einer Brennweite zwischen 50mm und 85mm sollte es sein. Idealerweise mit einer Lichtstärke von min. F1.8. Die 50mm Gläser mit F1.8 sind richtige Arbeitspferde und echte Allrounder. So ein Glas kannst du immer brauchen. Die Anschaffung lohnt wirklich und mit F.8 sind die Gläser auch nicht teuer.

Die Kamera stellst du wie folgt ein:

  • Zeitautomatik, d.h. du gibst die Blende vor; möglichst irgendwo zwischen F1.4 und F2.8. Die Kamera passt die Zeit selbst an.
  • ISO-Automatik: Solltest du ja nach Kamera aber auf ISO 800 begrenzen. Bei neues Kameras kannst du die auch Häher einstellen. Aber über ISO 3200 würde ich auch dann nicht gehen.
  • Belichtungsmessung: Matrix-Messung
  • Fokus: AF-S Single Focus

Aufnahmetechnik: Du fokussierst immer auf das vordere Auge des Hundes und drückst den Auslöser halb ein. Damit bleibt dein Fokus bestehen und nun kannst du die Kamera so lange bewegen – mit halb gedrücktem Auslöser – bis dein Bildausschnitt passt.

Beleuchtung

Wenn du ein Portrait im Inneren machst, kann es sein, dass zu wenig Licht vorhanden ist. Dann aber auf keinen Fall einen Blitz auf der Kamera einsetzen. Der macht hässliche Schatten und flache Gesichter. Nimm einen Blitz vom gleichen Hersteller wie deine Kamera, ergänze den mit einer kleinen Softbox und setze den Blitz abgesetzt (=“entfesselt“) von der Kamera ein. Ein halber Meter links oder rechts neben der Kamera wirkt Wunder. Mühe Kameras brauchen für das „entfesselte Blitzen“ nicht einmal einen besondere Ausrüstung.

Gestaltung

Bildausschnitt

Je nach Gusto, entweder nur das Gesicht, nur der Kopf oder der ganze Vierbeiner.

Bilddaten: Nikon D90 + NIKKOR 17-70mm F 2.8-4; 1/80s, F4, ISO 200, 70mm - warum? Das Glas hat bei 70mm Brennweite leider nur Blende F4 als größte Öffnung. Ich habe die Unschärfe trotzdem hinbekommen, weil ich mit dem Glas sehr nah an ein Objekt herangehen kann. Leider können das nur die wenigsten Gläser, darum ist eine Blende von F4 meist nicht für eine intensive Unschärfe ausreichend.

Extremitäten am Bildrand

Absolute NoGo: Gelenke am Bildrand durchgeschnitten oder Teile der Pfoten abgeschnitten

Kameralinse auf Augenhöhe

Außerdem machst du dich so klein, dass die Kameralinse etwa auf Augenhöhe der Fellnase ist. Du solltest nicht von oben herab fotografieren, das würdigt die Hunde zu unterwürfigen und bedeutungslosen Kreaturen herab. Übrigens: das gilt auch, wenn du deine Kinder fotografierst. Niemals von oben heran. Du kannst aber versuchen, aus einer tiefen Position zu fotografieren, das erhöht im wahrsten Sinne des Wortes die Fellnasen.

Blickrichtung

„Lass die Fellnase kucken“ – In Blickrichtung sollte immer mehr Platz sein, als hinter dem Kopf.

2 Windspiele, 2 Shelties, hier aus einer tiefen Position fotografiert.
Bilddaten: NIKON Z7 + M42-Adaper + 50 Jahre altes Meyer-Görlitz Lydith 30mm F3.5; 1/640, F5.6, ISO 100 - warum? Das Lydith muss man etwas abblenden, damit die optische Leistung zunimmt. Der Rest ergab sich aus der vorherrschenden Lichtsituation. Besonderheit: Aufnahmeposition sehr tief, um den Himmel als Hintergrund zu bekommen.

Die Blickrichtung ist zwar eine Feinheit, hat aber ganz unterschiedliche Wirkungen. Im abendländischen Kulturkreis sind wir gewohnt, von links nach rechts zu schreiben und zu lesen. Deshalb ist auf einem Zeitstrahl auch z. B. die Vergangenheit links und die Zukunft rechts. Alles, was von rechts nach links verläuft, ist irgendwie ungewohnt und kann uns “gegen den Strich gehen”.

Wirkung auf die Wahrnehmung: Die Betonung der Bewegung/des Blicks nach rechts wird oft mit positiven Emotionen wie Innovation und Optimismus assoziiert. Die entgegengesetzte Richtung weckt eher Assoziationen wie Rückgang und Schwermut. Die Kombination beider Richtungen erzeugt Spannung und hält den Betrachter im Bild. Hier ein paar Beispiele:

Bilddaten Bilder 1 und 2: NIKON D7100 + NIKKOR 50mm F1.4; 1/160, F4, ISO 100 50mm - warum? Da ich einen größeren Schärfentiefebereich benötigte wählte ich die Blende 4, ISO 100 ist außen bei guten Beleuchtung Standard, die Zeit ergab sich daraus.
Bilddaten Bilder 3: NIKON 40 + NIKKOR 55-200mm F4-5.6; 1/640, F6.3, ISO 200 100mm - warum? Eines meiner ersten Bilder, die Kamera hat die Einstellungen automatisch gewählt. Ein unscharfer Hintergrund wäre schön gewesen, aber mit dem Objektiv nicht machbar.

Hintergrund

Eine der häufigsten „Sünden“. Der Hintergrund darf nicht vom Vierbeiner ablenken. Gerade wenn du eine Linse hast, die den Hintergrund nicht unscharf abbilden kann, ist ein ruhiger Hintergrund umso wichtiger. Achte darauf, dass keine Äste „aus dem Hund wachsen“ oder ein Zaun „quer durch den Kopf“ läuft.

Hundesitter

Wir sind ja bei den Briten und die kannst du meist irgendwo hinsetzen und dort bleiben sie auch. Trotzdem ist es hilfreich, ein Helferlein zu haben, das den Blick des Wauzis z. B. mit Leckerlies lenken kann. Wenn du allerdings einen Hibbelfloh hast, dann gehts auch zur Not mit einer sehr dünnen Leine, die das Helferlein hält. Die kannst du dann später beim Nachbearbeiten herausretuschieren.

Dein Hund in Bewegung

Du musst ein sich schnell bewegendes Motiv einfangen? Dann lies weiter.

Bilddaten: NIKON D7100 + Nikkor 17-70mm F2.8/4; 1/800s, F4, ISO200, 25mm - warum? Ziel waren die 1/800, F4 wegen größerer Schärfentiefe, der Rest ergab sich aus der vorherrschenden Beleuchtung.

Technik

Das Objektiv: Das Tierchen rennt irgendwo, wahrscheinlich nicht in deiner Nähe. Also sollte es ein Teleobjektiv mit einer Brennweite ab 150mm sein. Idealerweise mit einer Lichtstärke von min. F2.8. Hier ist die Lichtstärke nicht für den unscharfen Hintergrund wichtig, sonder sie sorgt dafür, dass du kurze Belichtungszeiten wählen kannst.

Die Kamera stellst du wie folgt ein:

  • Blendenautomatik, d.h. du gibst die Zeit vor: je nach Bewegung maximal 1/250 s. Besser wäre 1 / 500 s oder auch noch schneller. Die Kamera passt die Blende selbst an.
  • ISO-Automatik: Solltest du ja nach Kamera aber auf ISO 1600 begrenzen. Bei neues Kameras kannst du die auch Häher einstellen. Aber über ISO 6400 würde ich auch dann nicht gehen.
  • Belichtungsmessung: Matrix-Messung
  • Fokus: AF-C Continous Focus
  • Schalte die Serienbildfunktion ein. Wenn die die Aufnahmerate wählen kannst, dann so schnell als möglich. Z. B.: 10 Bilder/s.

Aufnahmetechnik: Du fokussierst immer auf das Kopf des Hundes – denn das Auge triffst du bei der Geschwindigkeit eh nicht – und drückst den Auslöser. Und nun gedrückt halten und mitziehen. Du produzierst damit Unmengen an Bildern, hast aber die Chance, dass das ein oder andere tolle Bild dabei ist.

Welpe und erwachsener Sheltie toben
Bilddaten: NIKON D7100 + Sigma ART 85mm F1.4; 1/800s, F4, ISO 400, 85mm - warum? Blende 4 brauchte ich wegen der Schärfentiefe. 1/800 wegen der Bewegung und damit musste ich auf ISO 400 gehen.

Gestaltung

In Bewegungsrichtung des Hundes sollte genügend Platz sein.

Windspiel Genifleur in vollem Galopp
Bilddaten: Nikon Z7 + NIKKOR Z 24-120mm F4; 1/2000s, F4, ISO 100, 120mm - warum? Helles Sonnenlicht, das üppige Licht nutzte ich um bei 1/2000 und ISO100, die Blende zu schließen, um den Schärfetiefenbereich zu erhöhen.

Aufnahmeposition

Aufnahmeposition auf Augenhöhe des Hundes gilt fast immer.

Spezielle Situationen

Quasi Studio

Wahrscheinlich hast du kein Stadion zuhause. Aber mit etwas Geschick und Fantasie kannst du einen ruhigen Hintergrund zaubern. Kreativität und Phantasie sind gefragt. Das Ziel: Ein homogener Hinter- und Untergrund mit sanftem Übergang.

Du kannst z.B. im Baumarkt einen PVC-Boden-Rest kaufen. Den kannst du von einer Tischkante herabhängen lassen und eine Hohlkehle formen. Wenn es etwas höher sein soll, hilft auch ein langer Besenstil über die Rückenlehnen hoher Stühle als Ausgangsbasis für den Hintergrund. Das PVC Stück soll Boden und Rückwand bilden und zwischen beiden eine Hohlkehle formen.

Aber das ist nur ein Beispiel. Hier z. B. liegt ein Kunstfell auf einem Ledersofa. Beleuchtung mit einer Softbox von links.

Uroma Sky, Oma Beauty, Mutter Blue, Welpe Sigfried
Bilddaten: Nikon D7100 + Zeiss Distagon 25mm + Blitz mit Softbox von rechts; 1/200s, F5, ISO200, 25mm - warum? Das 25mm Glas, da ich wegen den Platzverhältnissen nah am Sofa fotografieren musste. F5 wegen der notwendigen großen Schärfentiefe. 

Spezielle Lichtsituationen

Das weiche Abendlicht zaubert wundervoll weiche Aufnahmen. Und auch das Gegenlicht ist eine tolle Lichtquelle, mit der du scherenschnittartige Bilder realisieren kannst.

Bilddaten Abendlicht: Nikon D90 + Sigma 50-150mm F2.8; 1/400s, F5, ISO800, 150mm - warum? F2.8 für eine geringe Schärfentiefe. Der Rest ergab sich aus der Lichtsituation.
Bilddaten Gegenlicht: Nikon D90 + Sigma 50-150mm F5; 1/2000s, F5, ISO100, 150mm - warum? F5 um die große Helligkeit zu kompensieren und damit die Verschlusszeit in Grenzen zu halten. Der Rest ergab sich aus der Lichtsituation.

Nachbearbeiten

In der Fotografie ist die Nachbearbeitung nicht wegzudenken. Früher machten das Labor oder Fotograf selbst. Begriffe der digitalen Bildbearbeitung wie „Abwedeln“ oder „Nachbelichten“ stammen aus dieser Zeit. Im digitalen Zeitalter ist eine solide Nachbearbeitung so einfach wie nie und genau so wichtig, wie der Klick an der Kamera. Also verzichte nicht darauf. Grundsätzlich gibt es da zwei verschiedene Schritte:

  • Entwickeln
  • Retuschieren

Entwickeln

Also die grundlegenden Bildparameter anpassen, z.B. Weißabgleich, Helligkeit, Kontrast, Sättigung usw.

  • Nutze den Weißabgleich, um deinem Blue-merle einen Tick blau zu geben oder um deinem Sable ein warmes Tan zu geben.
  • Nutze den Kontrast, um die Farben deines Tricolors hervorzuarbeiten.
  • Beschnitt – gleiche Fehler in der Komposition aus z. B. schief forografiert, Abstände passen nicht und optimiere deine Komposition, Z. B. das Auge des Hundes in den goldenen Schnitt legen.

Das solltest du grundsätzlich immer machen. Wenn du das raw-Format nutzt, bleibt dir gar nicht anderes übrig. Wenn du ein jpg-Format nutzt, überlässt du diesen Schritt der Willkür der Kamera, das funktioniert im Allgemeinen ganz gut, aber in oft sind die Ergebnisse eher suboptimal. Aber keine Angst, gute raw-Entwickler kommen auch mit jpg zurecht und du kannst deine Bilder auch noch nachträglich anpassen.

Softwareempfehlung: Die kostenlosen Entwickler Darktable und Lightzone. Vorteil: die Produkte bringen auch eine leistungsfähige Bildverwaltung mit und können viele Bilder gleichzeitig bearbeiten. Von Adobes Lightroom (R) rate ich ab, zu mächtig, schlechte Usability, Ressourcenfresser, zu teuer. Wenn der Preis keine Rolle spielt, empfehle ich Capture One. Ich selbst nutze Capture One, die Werkzeuge sind sehr professionell, die Performance hoch und ich kann die Software komplett meinem Workflow anpassen.

Retusche

Hier geht es darum, den Bildinhalt zu ändern. Z.B. die Leine, das Helferlein oder andere störende Objekte zu beseitigen. Oder auch neue Bildinhalte zuzufügen wie z. B. den Himmel auszutauschen.

Softwareempfehlung: Ganz klar Affinity Photo, quasi ähnlicher Funktionsumfang wie Adobes Photoshop (R). Nur bessere Usability und kostet einen Bruchteil wie das Adobe (R) Produkt. Affinity Photo nutze ich übrigens selbst, zusammen mit einigen anderen Softwareprodukten.

Beispiel





Das originale raw-Bild

Bilddaten: Nikon Z7 + NIKKOR S 24-70mm F4; 1/250 s, F4, ISO 640, 29mm – warum? F4, damit der Schärfentiefebereich ausreichend groß ist. 1/250 s, um Bewegungsunschärfe zu vermeiden. Der Rest ergab sich aus der Lichtsituation.

Entwicklung
  • Bild gerade richten
  • Beschnitt
  • Belichtung/Kontrast angepasst
Retusche
  • Links und unten Hintergrund und Untergrund ergänzt
  • Hintergrund und Untergrund weniger Sättigung
  • Hintergrund und Untergrund Grünanteil reduziert
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