Ich treffe manchmal auf Fotografien, welche die Fotografie in schwarz-weiß für sich zum Dogma erklärt haben. Es gibst sogar eine digitale Leica, deren Sensor ausschließlich in schwarz-weiß fotografiert.

Ich habe selbst noch eine analoge Spiegelreflex, die mit einem schwarz-weiß Negativ-Film geladen ist. Ich habe die Fotos selbst entwickelt und die Negative digitalisiert. Jetzt liegt die Kamera leider im Schrank, weil der Sensor meiner digitalen spiegellosen Nikon mittlerweile dem analogen schwarz-weiß Film überlegen ist.
- Was sind eigentlich die Ursprünge der schwarz-weiß Fotografie?
- Wie sieht es heute aus?
- Nur noch Farbe oder doch noch schwarz-weiß?
- Grenzen von schwarz-weiß
- So geht schwarz-weiß heute
- Tipp: RAW + Kamerasucher / -display auf schwarz-weiß einstellen und die Schwatz-weiß Umsetzung am Computer bearbeiten
- Der Vollständigkeit halber: Sepia und Co
- Meine Empfehlung
Was sind eigentlich die Ursprünge der schwarz-weiß Fotografie?
Die Entwicklung von einem lichtempfindlichen Trägermaterial begann schon vor 1800. 1822 entstand eine erste brauchbare Fotografie. Die Fotoapparate mussten sich auch noch entwickeln. Die Entwicklung von Trägermaterial und Fotoapparate führte 1888 zur ersten in Serie gefertigten mobilen Kamera mit Rollfilm – der Kodak Nr. 1. Alle Aufnahmen waren monochrom. Für einen Farbfilm war wesentlich komplexere Chemie erforderlich. Erst 1936 wurde der Farbfilm praxistauglich. Allerdings erreichte der Farbfilm auch bis heute nie die Abbildungsleistung mit Auflösung und Dynamikumfang des schwarz-weiß Films.
Fast 50 Jahre lang beherrschte die schwarz-weiß Fotografie die Szene. Der Wegbereiter der Fotografie Henri Cartier-Bresson startete seine Kariere in schwarz-weiß. Seine bekanntesten Werke sind schwarz-weiß. Viele Fotografen zogen die hohe – dem menschlichen Auge ähnliche – Empfindlichkeit des schwarz-weiß Films dem Farbfilm vor. Das formte im Laufe der Zeit die Reduktion auf Schwarz-Weiß zu einem Mythos.

Der Mythos der schwarz-weiß Fotografie: ursprünglich, faszinierend, künstlerisch
Wie sieht es heute aus?
Die Einführung der Digitalen Fotografie und der digitalen Spiegelreflexfotografie änderte daran nur wenig. Die ersten Kameras hatten einen sehr kleinen Dynamikumfang. Die Weiterentwicklung der Sensoren und die Vergrößerung der Sensoren erhöhte Jahr für Jahr den Dynamikumfang und die Abbildungsleistung.
Konnte meine Nikon D90 aus 2008 mit einem schwarz-weiß Film noch nicht mithalten, ist meine Z8 mittlerweile dem schwarz-weiß Film überlegen. Und es gibt – außer sentimentalen Gründen – keinen Grund mehr für mich, analog schwarz-weiß zu fotografieren.

Es gibt auch einige Argumente gegen die Schwarz-Weiß-Fotografie, die bei der Wahl der Technik berücksichtigt werden sollten:
- Fehlende Farbdimension: Farben tragen erheblich zur Stimmung und Bedeutung eines Bildes bei. In manchen Fällen kann das Fehlen von Farben die emotionale Tiefe verringern und das Bild weniger ansprechend machen.
- Realismus: In vielen Situationen kann die Farbwiedergabe entscheidend sein, um das Motiv realistisch darzustellen. Porträts oder Landschaften wirken oft authentischer in Farbe, was die Wahrnehmung des Betrachters beeinflussen kann.
- Schwierigkeiten bei der Komposition: Farben können als kompositorisches Element genutzt werden, um das Auge des Betrachters zu lenken. Bei der Schwarz-Weiß-Fotografie muss der Fotograf stärker auf andere Elemente wie Textur und Licht achten.
- Begrenzte Inspiration: Manchmal kann das Arbeiten ausschließlich in Schwarz-Weiß die Möglichkeiten für kreative Ausdrucksformen einschränken. Farben können zusätzliche Emotionen und Dynamik ins Spiel bringen.
- Zielgruppenpräferenzen: Der Geschmack des Publikums kann variieren. Einige Betrachter ziehen farbenfrohe Bilder vor und empfinden Schwarz-Weiß-Fotografie möglicherweise als weniger ansprechend oder interessant.
Letztendlich ist die Wahl zwischen Schwarz-Weiß und Farbe eine Frage des persönlichen Stils und der beabsichtigten Wirkung des Fotografen, und es gibt keinen Universalansatz, der für jede Situation geeignet ist.
Nur noch Farbe oder doch noch schwarz-weiß?
Der Mythos schwarz-weiß ist ungebrochen. Denn die Reduktion der Farben und die Abstraktion auf schwarz-weiß haben immer noch Vorteile:
- Emotional – Schwarz-Weiß kann eine nostalgische und dramatische Atmosphäre erzeugen. Das wirkt stark emotional.
- Struktur – Ohne Farben wird der Fokus stärker auf Form, Textur und Licht gelegt.
- Kontraste kommen verstärkt zur Geltung und machen das Bild dynamischer.
- Zeitlosigkeit: Schwarz-Weiß-Bilder wirken oft zeitlos und elegant.
- Künstlerische Freiheit – Die Reduktion auf schwarz-weiß schafft Raum für Kreativität und Interpretation.
- Fokus – Schwarz-Weiß fördert den Fokus auf die wichtigen Elemente des Bildes.
Gerade bei der erotischen Fotografie ist die Reduktion der Farbe sehr beliebt.
- Das Auge konzentriert sich auf Linien, Kurven, Texturen, Haut, Lichtführung.
- Der emotionalke Aspekt spielt eine starke Rolle.
- Erotische Bilder leben oft von Andeutungen – und genau das verstärkt Schwarzweiß durch Kontraste und Silhouetten.


Scherenschnittartige Silhouetten haben einen ganz besonderen Reiz.
Klare Linien, Struktur und Kontraste ohne Schnick-Schnack.

Allerdings kann durch die Reaktion auf schwarz-weiß viel Stimmung verloren gehen, wie die folgenden beiden Bilder zeigen. Hier ist es Geschmacksache, welche Version dir besser gefällt. Lass gerne dazu einen Kommentar da :-D.


Grenzen von schwarz-weiß
Schwarz weiß bringt aber viele Probleme mit sich.
In der Realität haben alle drei Ventilatoren unterschiedliche Farben. Schwarz-weiß stellt nur die Helligkeitswerte der Farben dar. Und die sind in diesem Bild fast identisch. Damit ist kaum ein Unterschied erkennbar.

In vielen Situation ist schwarz-weiß einfach Unsinn, weil die Farbinformation oft ein wichtiges gestalterisches Mittel ist. Farbkontraste verschwinden, Farbstimmungen gehen verloren. Das zeigen die folgenden Gegenüberstellungen.






So geht schwarz-weiß heute

Tipp: RAW + Kamerasucher / -display auf schwarz-weiß einstellen und die Schwatz-weiß Umsetzung am Computer bearbeiten
Wenn Sie schwarz-weiß fotografieren wollen stellen Sie Ihre Kamera wie folgt ein:
- Anzeige von Kamerasucher / -display schwarz-weiß
- Aufnahmeformat RAW
Sie bekommen live einen Eindruck von der Bildwirkung, aber die Kamera behält trotzdem alle Farbinformationen. Später können Sie dann entscheiden, ob das Bild in schwarz-weiß bleiben soll, oder ob ein farbiges Bild doch besser passt.
Allerdings sind die Helligkeitswerte von grün und rot sehr ähnlich, so dass in der schwarz-weiß Umsetzung die Spannung komplett verloren geht.

Bei der Nachbearbeitung, kann ich aber die Helligkeitswerte der einzelnen Grundfarben anpassen. Hier die Standardmäßige Einstellung: Alle Farben werden gleich umgesetzt.

Nun kann ich die Helligkeitswerte von Rot anheben und von Grün reduzieren und weitere Farben anpassen.

Und schon bekomme ich eine schwarz-weiß Umsetzung, die wieder viel mehr Dynamik hat.

Der Vollständigkeit halber: Sepia und Co
Schwarz-Weiß ist nicht Schwarz-Weiß, es gibt dabei viele Spielarten.
Sepia, ursprünglich ein chemisches Verfahren um Bilder haltbarer zu machen. Das Bild wird zunächst gebleicht, dann in ein Schwefelfärbebad getaucht. Die bräunliche/rötliche Verfärbung vermittelt heute einen besonders nostalgischen Eindruck.

Selenium, ursprünglich auch ein chemisches Verfahren um Bilder haltbarer zu machen. Dabei wird ein bereits entwickeltes Silbergelatine-Foto in ein Selen-Bad getaucht. Eine blau/graue Verfärbung ist das Ergebnis.

Binärisierung, es gibt nur schwarz und weiß ohne grau. D.h. bis einem definierten Schwellenwert wird alles schwarz, darüber alles weiß.

Und natürlich gibt es noch viel mehr Variationen und Spielarten. Z. B. Teiltonung (Split Toning), Solarisation,…
Meine Empfehlung
Ob du in Schwarz-Weiß fotografieren oder nicht, hängt letztendlich von der gewünschten Wirkung und deinem persönlichen Stil ab. Ich empfehle aber, beide Techniken zu nutzen, je nach Motiv und Kontext. Reduzieren deine Möglichkeiten nicht auf einen einzigen Stil.



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